(aus Heft 4/2014)
Das Innere des Bunkers wird vom Berliner Unterwelten e.V. museal genutzt. Im Rahmen des Rundganges gibt es nicht nur
Erläuterungen zu Aufbau und Technik des denkmalgeschützten Bauwerkes, sondern auch die Zeit des Bombenkrieges, die tragischen
Schicksale der Kriegsflüchtlinge und Obdachlosen werden behandelt – ergänzt mit zahlreichen Ausstellungsstücken, Zeitzeugenberichten
und moderner Projektionstechnik. Holger Happel: „Für unsere Gäste wollen wir die dunkle Vergangenheit des Gebäudes, das für 130
Jahre Berliner Stadtgeschichte steht, auf einer spannenden Zeitreise wieder lebendig werden lassen.“
Einst 1874 – 1876 als Gasometer zur Versorgung der städtischen Straßenbeleuchtung errichtet, wurde nach einigen Jahren des
Leerstandes, 1940, im Rahmen des sogenannten „Bunkerbauprogramm für die Reichshauptstadt“ ein „Mutter-Kind-Bunker“ eingebaut. Es
entstand ein Komplex mit sechs Etagen, die jeweils über 120 Kammern verfügten. Verbunden waren diese Ebenen durch fünf
Treppenhäuser und drei Aufzüge. Der Bunker selbst erhielt 1.80 Meter dicke Stahlbetonwände und eine Abschlussdecke von 3 Meter
Stärke.
In den Bombennächten bot der alte Gasometer 6.500 Müttern und Kindern eine sichere Schlafstätte. „Bei dem Luftangriff in der
Nacht vom 2. zum 3. Februar 1945 drängten sich in seinem Innern bis zu 30.000 Menschen“, gibt Holger Happel Auskunft. „Sogar die
umliegenden Polizeireviere brachten die ihnen anvertrauten Häftlinge während der Luftangriffe hier unter, damit sie während der
chaotischen Zustände nicht entfliehen konnten. Zu diesem Zweck wurde im Untergeschoss ein Zellentrakt eingebaut.“
Im April 1945, schon einige Tage vor der Kapitulation Berlins, wurde der Bunker von der Roten Armee besetzt, wobei es zu
heftigen Übergriffen gegen die Schutzsuchenden kam.
Anschließend diente der Bunker als Auffanglager für Flüchtlinge und Ausgebombte.
In den 1950er Jahren wurden im fensterlosen Bunker ein Altenheim und ein Obdachlosenasyl eingerichtet. Erst 1963, nach einem
Mord, erfolgte die Räumung des Bunkers und dieser diente fortan als Lager von Lebensmittelreserven für die Westberliner. Dieses
Lager, vom Senat für Notfälle und für den Fall einer weiteren Berlin-Blockade durch die Truppen des Warschauer Pakts eingerichtet,
existierte im Fichtebunker bis 1988. Seitdem herrschte in dem Gemäuer sogenannter „bewachter Leerstand“. Es sollten dann noch
weitere zehn Jahre vergehen, bis eine breitere Öffentlichkeit diese Räume wieder betreten konnte.
„Vermutlich ist es nur seinem Innenleben aus Stahlbeton zu verdanken, dass der Gasometer noch vorhanden ist“, sagt Holger Happel,
„sonst wäre er wohl, wie auch die anderen drei Gasometer auf dem Gelände, bereits im Oktober 1951 gesprengt worden. Und gerade
dieser Bunker, dessen Wände den ersten Schrei neugeborener Kinder und den letzten Lebenshauch sterbender Menschen kennen, darf
nicht vergessen oder gar beseitigt werden.“
Das Interesse an den Führungen durch Berlins unterirdischer Geschichte ist in den letzten Jahren erheblich gewachsen, freut sich
Holger Happel. „Zu Beginn waren es gerade mal 3.000 Interessenten jährlich, die sich Tunnel, Bunker und andere unterirdische
Bauten zeigen ließen. Und im Jahr 2013 besuchten uns insgesamt ca. 280.000 Gäste, wobei schätzungsweise ein Viertel davon
Schulklassen waren. Diese kommen von überall aus Deutschland, aber auch aus dem benachbarten Ausland, vorwiegend aus den
Niederlanden und Dänemark.“
Die Anfragefristen für Gruppenführungen liegen inzwischen teilweise bereits bei sechs Monaten im Voraus.
Genaueres zu den einzelnen Touren, Informationen über den Verein und dessen Arbeit erfährt man auf dessen Internetseiten.
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