Klassenausflug oder P-Seminarpdf

(aus Heft 4/2012)


Channel Cruises

Höhlen und Bergwerke als pädagogische Lernorte – ein Beitrag von Andreas Bedacht


Nicht immer bewegen wir uns auf massivem Untergrund: Große Teile Deutschlands liegen in verkarstetem Gestein, mit unterirdischer Entwässerung und kleineren oder größeren Höhlen. In weiten Teilen von Baden - Württemberg, Bayern, aber auch Hessen und Thüringen hat das Wasser im Untergrund weit verzweigte Abflusswege geschaffen. Uns Menschen ist der Zutritt zu diesen Hohlräumen meist verwehrt, nur einige wenige größere Höhlen lassen erahnen, was sich mancherorts unbekannterweise unter unseren Füßen verbirgt.

Enge Felsspalten, dunkle Portale, aus denen ein kühler, leicht nebliger Hauch weht, oder Abstiege in einen dunklen unergründlichen Schlund – kaum ein Naturraum beflügelt die menschliche Phantasie seit jeher so sehr wie dunkle, geheimnisvolle Höhlen: Sagenumwobene Goldschätze wurden, dem Volksmund nach, in ihnen versteckt; seltsame Wesen und bisweilen schreckliche Monster sollen sich in ihnen verborgen haben. Mythologie, Sagen und Literatur spiegeln da die menschliche Imagination und manchmal auch den (Aber-)Glauben der jeweiligen Zeit wieder.

Was machen Fledermäuse im Winter?

Mit Monstern der Unterwelt oder dem Mythos des Einhorns, dessen Überreste angeblich in Höhlen gefunden wurden, hat die moderne Paläontologie längst aufgeräumt. Stattdessen sind Höhlen heute wichtige Forschungsobjekte als Archive der Eiszeit oder der Klimaentwicklung. Trotz aller naturwissenschaftlicher Aufgeklärtheit nehmen wir aber auch heute unsere Vorstellungen und assoziativen Bilder mit hinein ins unbekannte und ungewohnte Dunkel. Insbesondere Kinder bewegen zahlreiche Befürchtungen aber auch viele Fragen: Kann unser Gang einbrechen? Sind wir hier bei einem Erdbeben sicher? Was machen Fledermäuse im Winter? Warum wachsen Stalagmiten von unten nach oben, aber diese Excentriques in alle Richtungen? Leben hier noch Höhlenbären? Kann man das Wasser in Höhlen trinken?

Ein Besuch im Untergrund weckt die Neugier, verspricht Spannung und einmalige Erlebnisse. Allerdings ist auch bei kleinen Reisen in die unerschlossene Unterwelt mit Gefahren zu rechnen. Erst wenige Jahre ist es her, dass in Frankreich eine Schulklasse in einer Höhle vom Wasser eingeschlossen wurde.

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Spannendes Lernen ohne Risiko

Auch auf ungefährliche Weise lässt sich viel erleben: In Deutschland gibt es – verteilt in zehn Bundesländern – über 50 Schauhöhlen und -Bergwerke (Übersicht als pdf-Datei), die sich in fachkundiger Begleitung oder mit etwas Vorbereitung dazu eignen, in Exkursionen Unterrichtsthemen praxisnah aufzunehmen. Schwindelfrei oder besonders geschickt und „geländegängig“ muss man dabei nicht sein. Mancher Ort ist sogar behindertengerecht ausgestattet. Für Gruppen und Schulklassen werden oftmals spezielle Angebote vorgehalten: Führungen mit Handlampen, manchmal auch außerhalb des Standardweges, oder begleitet von museumspädagogischen Angeboten, z.B. der Herstellung steinzeitlicher Werkzeuge.

Auch „wilde“, d.h. nicht ausgebaute und gesicherte Höhlen werden gelegentlich von Gruppen besucht. Nur sehr wenige Höhlen eignen sich dafür, in der Regel bleiben diese einem Personenkreis mit langjähriger Erfahrung vorbehalten, zu hoch sind die abzuschätzenden Risiken. Bereits ein kleiner Unfall, der im Freien umgehend notärztlich versorgt würde, kann wegen der langwierigen und aufwendigen Rettungsumstände lebensgefährlich werden. Im schulischen Rahmen kann man zum Besuch von unausgebauten Höhlen oder gar aufgelassenen Bergwerksanlagen nur raten, wenn die Gruppengröße entsprechend klein und die kompetente Begleitung, z.B. durch einen örtlichen Höhlenverein, gesichert ist.

Für spannendes Lernen ist dies grundsätzlich auch nicht nötig. Die Faszination des Raumes, ob Schaubergwerk oder ausgebaute Höhle, verspricht hohe Aufmerksamkeit und weckt die Neugier von Kindern und Jugendlichen: gute Voraussetzungen für handlungsorientiertes Lernen!

Höhle und Projektunterricht

Viele thematische Anknüpfungspunkte finden sich in den Lehrplänen der Bundesländer: Fledermäuse als bedrohte Tierart, Bodenschätze, Trinkwasser als Ressource, Erdgeschichte und Geowissenschaften, Leben in Grenzbereichen, Bio- Speläologie alias „Life at the Limits“, Evolution, philosophische Betrachtungen...

Zahlreiche deutsche Schauhöhlen werden von Höhlenvereinen mit begeisterungsfähigen Führern betreut, die sich über interessierte Besucher freuen. Exkursionen im Rahmen des Unterrichtes oder bei der Klassenfahrt vor Ort können da sowohl hilfreich sein, um in Lerninhalte einzuführen, als auch um ein bestimmtes Thema zu vertiefen. Der Methodenvielfalt der beteiligten Pädagogen sind da in der Vorbereitung und Durchführung wenig Grenzen gesetzt: Mit dem Binokular Präparate bestimmen, Klimadaten sammeln, den abendlichen Ausflug der Fledermäuse mit dem Bat-Detektor verfolgen, Platons Höhlengleichnis im Halbdunkel eines Einganges nachspielen, den „Drachen“ finden, .... nur einige Ideen können hier genannt werden.

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Autor:


Andreas Bedacht
bis 2012 ehrenamtlicher Ausbildungsreferent des VdHK (Verband der deutschen Höhlen- und Karstforscher), beruflich Leiter der Jugendbildungsstätte Burg Schwaneck bei München, verantwortlich für die Qualifizierung pädagogischer Fachkräfte, u.a. in der „ZQ Höhle“ in Zusammenarbeit mit dem VdHK, Lehrauftrag an der Fachhochschule, zahlreiche Veröffentlichungen

Kontakt:
Andreas Bedacht
Hedwigstr. 18
80636 München
a.bedacht@zq-ep.de

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