(aus Heft 2/2013)
An allen Orten hinterlässt die Geschichte ihre Spuren – mal mehr, mal weniger. Schlagsdorf, eine Gemeinde in Mecklenburg-Vorpommern,
ist ein Ort, der durch geschichtliche Ereignisse besonders stark betroffen war und das leider nicht im positiven Sinn. Denn genau hier
verlief einst die innerdeutsche Grenze – tödliche Sperranlagen zwischen Ost und West.
Schlagsdorf, als Ort 1158 erstmals erwähnt, befindet sich unweit der Stadt Ratzeburg, in einem hügeligen, seenreichen Gebiet im Norden
des Biosphärenreservates Schaalsee. Im Jahr 1952 wurde die Gemeinde in das Grenzüberwachungssystem der DDR aufgenommen und war somit
für Einwohner der DDR bis 1989 verbotenes Gebiet, welches nur mit entsprechender Erlaubnis betreten werden durfte.
Viele Einwohner verließen gleich nach dem Krieg ihre angestammte Heimat. Von denen die blieben, mussten einige eine zwangsweise
Umsiedlung in Kauf nehmen. Und für die verbleibenden Einwohner des Dorfes brachte die Tatsache, dass Schlagsdorf zum Grenzsperrgebiet
gehörte, einiges an Einschränkungen und Kontrollen mit sich.
Wenn jemand Verwandte oder Freunde im Sperrgebiet besuchen wollte, so musste derjenige eine Genehmigung für den jeweiligen Aufenthalt
beantragen. Wobei dieser Antrag auch ohne Begründung abgelehnt werden konnte.
Über diese Zeit informiert heute das Grenzhus-Museum in Schlagsdorf als Lern- und Erinnerungsort zur Geschichte der innerdeutschen
Grenze.
Wie konnte diese Grenze überhaupt funktionieren? Wer waren die Menschen, die für ihr Funktionieren sorgten? Worin bestand ihre
Motivation? Wie fühlen sie sich heute? Und wie konnten sie im Alltag damit leben?
Diesen Fragen stellt sich der Verein Politische Memoriale e.V., der seit Anfang 2013 die Trägerschaft des Museums übernommen hat.
„Die noch aufzuarbeitende jüngste Geschichte dieser Grenzregion soll einer breiten Öffentlichkeit zugänglich, und das Leben an der
ehemaligen DDR-Grenze für kommende Generationen nachvollziehbar gemacht werden“, erklärt Dr. Andreas Wagner, Projektleiter des Museums,
die Aufgaben des Vereins. „In unserem Verein finden sich neben Einheimischen, die im damaligen DDR-Sperrgebiet aufgewachsen sind, auch
Angehörige der ehemaligen DDR-Grenztruppen sowie politisch-historisch Interessierte aus ganz Deutschland.“
Das Informationsangebot umfasst eine Dauerausstellung, das Außengelände, einen Grenzparcours sowie Zeitzeugengespräche, Führungs- und
Bildungsangebote.
Die Dauerausstellung befindet sich in einem Gutshaus aus dem Jahre 1890. Genutzt wurde das Gebäude 1945 als Flüchtlingsheim, dann als
Schulgebäude und ab 1973 als Kindertagesstätte. 1997 begannen die Renovierungsarbeiten für das heutige Museum Grenzhus, welches zum
10. Jahrestag der Grenzöffnung am 10. November 1999 offiziell eröffnet wurde.
„In der Dauerausstellung werden die Entstehung der Grenze und ihr Ausbau zu einer tief gestaffelten Sperrzone auf DDR-Seite, die
Folgen der Absperrung und die Grenzüberwachung in Ost und West dargestellt“, so Dr. Andreas Wagner. „Im Mittelpunkt stehen die
Schicksale der Menschen, die mit der Grenze konfrontiert, unterschiedliche Entscheidungen trafen.“
Verschiedene Objekte, Modelle und Geschichten erzählen von Zwangsaussiedlungen, geschleiften Dörfern, Fluchten, ebenso wie vom
Lebensalltag der Bewohner des Grenzraums. Lebendige Einblicke in vergangene Lebenswelten und den Wandel einer Landschaft ermöglichen
historische Filmaufnahmen und Zeitzeugeninterviews.
Gezeigt wird die Dauerausstellung im Obergeschoss des Hauses. Im Dachgeschoss sind Wechselausstellungen zu sehen. Und im Erdgeschoss
befindet sich ein Seminarraum mit Vortragstechnik. Für eine Versorgung mit Essen und Getränken gibt es im Haus ein Café.
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